Jugend in Haiger – Zwischen Alltag, Engagement und fehlenden Perspektiven

Die Realität junger Menschen in Haiger

Haiger ist eine Stadt mit engagierten Jugendlichen – in Vereinen, Kirchengemeinden, Feuerwehr, THW oder der Musik. Doch trotz dieses Engagement zeigt sich immer deutlicher: Junge Menschen finden in Haiger zu wenig Räume, Strukturen und Mitspracherechte, um ihre Ideen umzusetzen.

In mehreren Ortsteilen gibt es keine betreuten Jugendräume mehr, einige Treffpunkte wurden in den letzten Jahren geschlossen oder laufen nur noch ehrenamtlich. Viele Jugendliche berichten, dass es kaum Orte gibt, „wo man einfach sein kann“ – ohne Konsumdruck, ohne Aufsicht, aber auch ohne Konflikte.

Hinzu kommt: Das Jugendparlament, das schon vor Jahren geplant war, wurde bislang nicht real umgesetzt. Es gibt kein festes Gremium, keine gewählten Vertreter und keine finanzielle Unterstützung, mit der Jugendliche selbst Projekte gestalten könnten. Damit fehlt in Haiger ein zentraler Baustein echter Jugendbeteiligung.

Zwischen Schule, Alltag und Orientierung

Die Belastungen der Jugend haben zugenommen. Leistungsdruck in der Schule, Zukunftsängste, soziale Medien und gesellschaftliche Veränderungen hinterlassen Spuren. Viele Jugendliche fühlen sich gestresst, manche überfordert. Gleichzeitig suchen sie nach Halt, Gemeinschaft und nach Räumen, in denen sie sich entfalten können.

Lehrkräfte und Eltern berichten, dass der schulische Druck wächst, während die Freizeit schrumpft. Die Corona-Jahre haben soziale Kontakte geschwächt, Vereinsstrukturen unterbrochen und neue Formen der Einsamkeit erzeugt. Gerade für Jugendliche, die nicht in Vereinen aktiv sind, fehlen niedrigschwellige Angebote.

Fehlende Beteiligung und Strukturen

Jugendliche in Haiger haben viele Ideen – aber kaum Möglichkeiten, sie einzubringen. Es gibt keine feste Jugendvertretung, kein institutionalisiertes Mitspracherecht, keine regelmäßige Kommunikation zwischen Stadt und junger Generation. Auch zwischen Stadtverwaltung, Kreisjugendpflege und Schulen sind Zuständigkeiten teils unklar. So verpufft Engagement, weil Strukturen fehlen.

Gleichzeitig gibt es große Unterschiede zwischen Kernstadt und Ortsteilen: Während in der Innenstadt gelegentlich Aktionen oder Vereinsprojekte stattfinden, fühlen sich Jugendliche in kleineren Ortsteilen oft abgehängt.

Freizeit, Mobilität und Sicherheit

Freizeit- und Bewegungsangebote sind ungleich verteilt. Viele Bolzplätze, Skateflächen und Jugendräume sind in die Jahre gekommen oder werden nicht mehr betreut. In den Abendstunden fehlt es an sicheren Treffpunkten – Busverbindungen sind selten, Wege schlecht beleuchtet. Wer kein Auto hat, ist häufig auf Eltern angewiesen oder bleibt zu Hause.

Dazu kommt der Einfluss der digitalen Welt: Soziale Medien bieten Austausch, aber auch Risiken – von Mobbing bis Fehlinformationen. Viele Jugendliche suchen Orientierung, Werte und Gemeinschaft – und wünschen sich, dass ihre Stadt ihnen zuhört und sie ernst nimmt.

Ein ehrlicher Befund

Haiger hat engagierte junge Menschen – aber keine verlässliche Jugendstruktur. Es fehlt an Koordination, an Personal und an echter Beteiligung. Die bisherigen Ansätze – etwa das geplante Jugendparlament – wurden begonnen, aber nicht vollendet. Das führt dazu, dass Jugendliche oft den Eindruck haben, ihre Anliegen würden gehört, aber nicht umgesetzt.

Gleichzeitig gibt es enormes Potenzial: Engagierte Schulen, aktive Vereine, hilfsbereite Kirchen und viele Ehrenamtliche bilden ein starkes Fundament. Wenn es gelingt, diese Kräfte zu bündeln und eine verbindliche Struktur für Jugendpolitik zu schaffen, kann Haiger wieder eine Stadt werden, in der junge Menschen sich willkommen, beteiligt und verstanden fühlen.

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